AK Rentenpflicht zu Gast bei Ursula von der Leyen: Fortschritte, aber keine Entwarnung

Innerhalb von zwei Wochen unterzeichneten mehr als 80 000 Menschen die
von Tim Wessels eingereichte E-Petition gegen die geplante
Rentenversicherungspflicht für Selbstständige. „Die Regelung würde in
der bestehenden Form einen Großteil der geringverdienenden Selbständigen
in Hartz IV zwingen“, erklärt Tim Wessels die Gründe für seine Petition.
„Selbständige mit mittlerem oder hohem Einkommen, die in aller Regel gut
fürs Alter vorgesorgt haben, müssten aufgrund der Einschränkungen in den
Anlagemöglichkeiten deutliche Einbußen in der Qualität ihrer
Altersvorsorge hinnehmen.“

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen reagierte, in dem sie den
Initiator und IT-Unternehmer Tim Wessels (27) sowie den
Gründungsexperten Andreas Lutz (46) vom „Arbeitskreis Rentenpflicht“ zu
einem Gespräch ins Ministerium einlud.

Das Treffen fand am Montagabend statt und dauerte über eine Stunde.
Neben von der Leyen nahmen Heinrich Kolb, rentenpolitischer Sprecher der
FDP, und Johannes Vogel, FDP-Bundestagsabgeordneter, teil.

„Ich denke, dass durch den Erfolg der Petition eine
Diskussionsbereitschaft entstanden ist, die schon vor dem Gespräch eine
gewisse Bewegung in die Pläne des Ministeriums gebracht hat“, meint Tim
Wessels.

Es gab in der Tat einige positive Entwicklungen gegenüber dem, was das
Bundesarbeitsministerium im April in einer Pressemitteilung
veröffentlicht hatte. So soll der Umfang der Anlagemöglichkeiten, die
als Vorsorge anerkannt werden, erweitert werden. Vom Tisch ist laut von
der Leyen auch die Pflicht, eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung
abzuschließen. Für ältere Selbständige hätte dies monatliche
Zusatzausgaben von rund 100 Euro/Monat bedeutet. Statt um 350 bis 400
geht es nun „nur noch“ um 250 bis 300 Euro.

Allerdings würde schon diese monatliche Zusatzbelastung dazu führen,
dass Hunderttausende ihre Selbständigkeit aufgeben und Hartz IV
beantragen müssten. Schon jetzt zahlen Selbständige unabhängig vom
Gewinn mindestens 415 Euro monatlich für Kranken-, Pflege- und
Arbeitslosenversicherung, diese Mindestbeiträge würden sich auf
mindestens 665 Euro monatlich erhöhen.

Laut Ministerin von der Leyen wird deshalb nun über eine Sonderregelung
für Selbständige mit geringem Einkommen nachgedacht: Sie würden dann
einkommensunabhängige Beiträge zahlen, für alle anderen würde der höhere
einkommensunabhängige Beitrag gelten. Das wäre sicherlich ein
Fortschritt, allerdings sind die Details noch völlig offen, etwa ob dann
der normale Rentenversicherungsbeitrag von 19,6 Prozent greift und ob es
hier ebenfalls einen Mindestbeitrag gibt. „Schon jetzt zahlen viele
Selbständige 30 Prozent ihres Einkommens für Kranken- und
Pflegeversicherung und befinden sich damit am Rande ihrer
Leistungsfähigkeit“, erklärt Lutz.

„Bei aller Vorsicht sehen wir das Gespräch als erfolgreichen ersten
Schritt“, fasst Lutz zusammen. „Für die Ministerin ist das Gesetz
allerdings eine Frage des ,Wie‘ und nicht des ,Ob‘. Wir haben unsere
grundsätzlichen Bedenken sehr deutlich gemacht. Wir fürchten einen
enormen bürokratischen Aufwand und womöglich eine Verschlechterung der
Qualität der Altersvorsorge für viele Betroffene – das Gegenteil dessen,
was eigentlich beabsichtigt ist.“

Bei dem Treffen wurden zwei weitere Gesprächstermine mit von der Leyen
im Abstand von vier bis sechs Wochen vereinbart . Trotz dieses Erfolgs
warnt Hauptpetent Tim Wessels vor vorschnellem Optimismus: „Damit die
Diskussionsbereitschaft weiter anhält und zu greifbaren Ergebnissen
führt, müssen wir am Ball bleiben, z.B. durch Briefe an
Wahlkreisabgeordnete.“

Betroffene Selbständige und Interessierte können sich auf der
Facebook-Seite „Keine Rentenpflicht für Selbständige“
(http://www.facebook.com/keinrentenzwang) über das Thema informieren und
sich aktiv einbringen.

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